Vom Langobardenreich zum Frankenreich: Der Wandel Südtirols

Südtirol war im Laufe der Geschichte ein Knotenpunkt verschiedener Völker und Kulturen. Die strategische Lage entlang des Etschtals machte die Region zu einem zentralen Durchgangsort für Handels- und Heerstraßen.

Im 6. Jahrhundert, nach dem Untergang des Weströmischen Reiches, wurde das Gebiet zum Schauplatz zahlreicher Machtkämpfe zwischen Ostgoten, Byzantinern, Langobarden, Franken und Bajuwaren. Schließlich entstand das Langobardenherzogtum Trient, das große Teile des heutigen Südtirols umfasste – ein politischer und kultureller Wendepunkt.

Die Ankunft der Langobarden und das Herzogtum Trient

Nach der Niederlage der Ostgoten gegen die Byzantiner im Jahr 553 n. Chr. geriet das Etschtal unter die Kontrolle des Oströmischen Reichs. Doch schon 568–569 n. Chr. eroberten die Langobarden Norditalien und ließen sich dauerhaft in der Region nieder.

Um ihren Einfluss im Alpenraum zu sichern und sich gegen Franken und Bajuwaren zu schützen, gründeten sie das Herzogtum Trient, das sich bis südlich von Meran und nach Bozen erstreckte. Damit wurde erstmals ein politisch-administrativer Raum definiert, der über Jahrhunderte in verschiedenen Formen bestehen sollte.

Die strategische Bedeutung des Etschtals

Die Bedeutung Südtirols im langobardischen Reich war kein Zufall. Das Etschtal war ein natürliches Verbindungsglied zwischen Italien und dem germanischen Raum, durchzogen von der historischen Via Claudia Augusta, der römischen Handelsstraße vom Mittelmeer nach Süddeutschland. Wer diese Achse kontrollierte, bestimmte den Waren- und Truppenverkehr.

Deshalb sicherten die Langobarden die Zugänge ins Tal mit Festungen und Militärposten an den Nordgrenzen, um sich gegen die vordringenden Bajuwaren zu wappnen.

Friedensbemühungen und die Rolle der Kirche

Trotz militärischer Vorkehrungen blieben die Spannungen mit Franken und Bajuwaren hoch. In dieser Zeit spielte der Bischof von Trient eine entscheidende Rolle, indem er sich für Frieden und Ausgleich zwischen den Völkern einsetzte.

Die Kirche gewann zunehmend an Einfluss: Die Bischöfe kümmerten sich unter anderem um die Freilassung von Kriegsgefangenen, was ihre politische Stellung zusätzlich stärkte. Nicht zufällig entwickelten sich die Bischöfe von Trient und Brixen in den folgenden Jahrhunderten zu zentralen politischen Akteuren in der Region.

Das langobardische Erbe: Kunst, Kultur und Recht

Die langobardische Herrschaft hinterließ nicht nur politische Spuren, sondern prägte auch Kunst, Architektur und Recht. Einige langobardische Gesetze blieben auch nach dem Untergang des Reiches in Kraft und beeinflussten das regionale Rechtssystem.

Künstlerisch und baulich sind langobardische Kirchen und Befestigungen teils in späteren romanischen oder gotischen Bauwerken aufgegangen. Ein Beispiel ist die Kirche St. Vigil in Lana, die Spuren langobardischer Präsenz zeigt.

Die fränkische Eroberung und der Fürstbischofssitz

Im Jahr 774 wurden die Langobarden von Karl dem Großen endgültig besiegt. Das Herzogtum Trient wurde in das Karolingerreich eingegliedert. Damit begann eine Phase der Germanisierung und eine Stärkung der kirchlichen Machtstrukturen.

Im Zuge der karolingischen Ordnung und des Heiligen Römischen Reiches erhielten die Trienter Bischöfe weitreichende Hoheitsrechte und begründeten das Fürstbistum Trient, das für Jahrhunderte eine zentrale Rolle in der Geschichte Südtirols spielte.

Ein bis heute sichtbares Erbe

Die Zeit der Langobarden und der Übergang zum fränkischen Reich prägten Südtirol nachhaltig – politisch, kulturell und wirtschaftlich. Handelswege, Verteidigungsanlagen und kirchliche Machtstrukturen sind direkte Zeugnisse dieser Epoche und prägen die Region bis heute.

Wer heute Burgen, Kirchen und archäologische Stätten besucht, begibt sich auf eine Zeitreise in eine Ära, in der Südtirol ein bedeutendes Bindeglied zwischen dem lateinischen Süden und dem germanischen Norden war.

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