Ein geologisches Freilichtmuseum: Die Dolomiten und ihre Entwicklung

Südtirol ist ein wahres geologisches Juwel, in dem die Natur über Jahrmillionen hinweg durch tektonische Bewegungen und Klimaveränderungen eine spektakuläre Landschaft geformt hat. Die Dolomiten, UNESCO-WelterbeDie Dolomiten, UNESCO-Welterbe, präsentieren sich als „Freilichtmuseum“, in dem jede Bergformation, jede Schlucht und jede Felswand eine uralte Geschichte erzählt. Dieses geologisch vielfältige Gebiet, geprägt von Gesteinen unterschiedlichster Herkunft und geodynamischen Kräften, gehört zu den faszinierendsten Landschaften Europas.

Perm und Trias: Fossilien und Meeresböden

Die ersten geologischen Schichten der Dolomiten stammen aus dem Perm, vor etwa 270–280 Millionen Jahren. In dieser Zeit entstanden die ersten sedimentären und vulkanischen Gesteinsschichten – insbesondere Porphyre –, die das Fundament der späteren Dolomiten bildeten.

Die eigentliche Entstehung der Dolomiten fand jedoch in der Trias statt, als das Gebiet von einem warmen, flachen tropischen Meer bedeckt war. Damals bildeten sich Korallenriffe, karbonatische Riffe und schließlich das Gestein Dolomit, das den Dolomiten ihren Namen gab.

Durch geologische Hebungen und Senkungen sind heute marine Fossilien wie Korallen, Muscheln und Schwämme in den Gesteinsschichten zu finden – faszinierende Relikte aus einem untergegangenen Ozean.

Ein besonders eindrucksvoller Ort, um diese Gesteinsabfolgen zu beobachten, ist die Bletterbachschlucht, auch bekannt als Bletterbach.

Weißhorn und Schwarzhorn: Wo zwei Welten aufeinandertreffen

Eines der eindrucksvollsten geologischen Phänomene zeigt sich zwischen dem Weißhorn und dem Schwarzhorn, wo die helle Dolomitkette abrupt auf die dunkleren vulkanischen Gesteine der Lagoraigruppe trifft.

Der Jochgrimm, der Pass zwischen den beiden Gipfeln, markiert eine scharfe geologische Grenze: Auf der einen Seite die hellen Sedimentgesteine der Dolomiten, auf der anderen die rötlich-braunen Porphyre vulkanischen Ursprungs. Dieses Farb- und Strukturenspiel erzeugt eine markante Landschaft von einzigartigem Reiz.

St. Kassian und die Fossilienwelt der Dolomiten

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für geologische Schichtenfolgen findet sich an den Felshängen oberhalb von St. Kassian in Alta Badia. Hier erhebt sich die Dolomitenformation der Conturines – mit Varella und Heiligkreuzkofel – über einem älteren sedimentären Sockel, der sanft zu Wiesen und Dörfern abfällt.

Durch Witterung und Hangbewegungen sind diese Gesteinsschichten heute klar erkennbar an Farbe und Körnung. Das Gebiet ist zugleich ein geo-zoologisches Highlight, denn die ehemaligen Riffe enthalten zahlreiche Fossilien mariner Lebewesen, die über Millionen Jahre hinweg konserviert wurden.

Im Gesteinskomplex von St. Kassian lässt sich eine evolutionäre Entwicklung beobachten – von marinen Kleinstlebewesen bis hin zu Resten urzeitlicher Tierarten.

Wissenswertes: Das Gestein Dolomit

Der Name „Dolomiten“ leitet sich vom Gestein Dolomit ab, das wiederum nach dem französischen Geologen Déodat de Dolomieu benannt wurde, der es 1791 erstmals beschrieb. Dolomit ist ein Sedimentgestein aus Calcium- und Magnesiumcarbonat und deutlich widerstandsfähiger gegen Erosion als gewöhnlicher Kalkstein.

Eine besondere Eigenschaft dieses Gesteins ist seine Fähigkeit, Licht auf besondere Weise zu reflektieren, was das Phänomen der „Enrosadira“ erzeugt: ein intensives rosa-oranges Glühen der Berge bei Sonnenauf- und -untergang – ein magisches Schauspiel der Natur.

Eine Landschaft, vom Erdzeitalter geformt

Eine Wanderung durch die Dolomiten ist mehr als Naturgenuss – es ist eine Zeitreise: durch urzeitliche Meere, Vulkanausbrüche und geologische Umwälzungen, die diese Berge formten. Wer das Farbenspiel zwischen Weißhorn und Schwarzhorn betrachtet oder Fossilien in den Felsen von St. Kassian entdeckt, liest in einem geologischen Geschichtsbuch.

Diese Gebiete sind über Wanderwege und Themenpfade gut zugänglich und bieten nicht nur spektakuläre Ausblicke, sondern auch die Möglichkeit, die Entstehung der Erde und des Lebens zu verstehen – in einer Landschaft, die weltweit ihresgleichen sucht.

Last minute Lastminute Icon