Die Benediktkirche in Mals: Ein karolingisches Juwel im Herzen des Vinschgaus
Im Herzen von Mals im Vinschgau steht einer der ältesten und faszinierendsten Sakralbauten Südtirols: die Kirche St. Benedikt, ein seltenes Beispiel karolingischer Architektur, das bis heute erhalten geblieben ist. Dieses kleine Gotteshaus, das aus der Zeit Karl des Großen (um 800 n. Chr.) stammt, ist ein kostbares Schatzkästchen voller Kunst und Spiritualität und erzählt mit erstaunlicher Bild- und Symbolkraft über tausend Jahre Geschichte.
Ein schlichtes, aber bedeutungsvolles Bauwerk
Die Kirche besitzt einen rechteckigen Grundriss mit drei Apsidenischen. Nur die Nordwand und die Apsiswand bewahren noch ihre ursprüngliche karolingische Bausubstanz und belegen die historische Bedeutung dieses einzigartigen Sakralbaus im gesamten Alpenraum. Im Inneren herrscht eine Atmosphäre von besonderer Schlichtheit, Sammlung und geschichtsträchtiger Tiefe.
Die Fresken: Eine jahrtausendealte Sakralerzählung
Das künstlerische Herz der Kirche bilden die kostbaren Fresken, die auf das 9. Jahrhundert zurückgehen. In der zentralen Apsis ist Christus auf dem Thron zwischen zwei Engeln dargestellt, flankiert rechts von Papst Gregor dem Großen und links von Stephanus, dem ersten christlichen Märtyrer.
Auf der rechten Seite der Apsis erscheint auch ein Bischof von Chur, was auf die enge Verbindung zwischen Mals und dem Bistum Graubünden verweist. Links erkennt man einen karolingischen Würdenträger – vermutlich ein lokaler Adliger – mit aufrecht stehenden Schwert auf der Brust, Symbol für seine Macht und weltliche Stellung.
An der Nordwand haben sich Freskenfragmente erhalten, die Szenen der Bekehrung des Paulus und Episoden aus dem Leben des heiligen Benedikt zeigen, des Begründers des abendländischen Mönchtums. Trotz der Spuren der Zeit geben diese Gemälde einen lebendigen Einblick in die Spiritualität und Ikonografie des frühen Mittelalters.
Ursprüngliche Architektur und Ausstattung
Einst zierten die Apsis sechs Stucksäulen, von denen heute nur noch ein Fragment erhalten ist. Der Chorraum war gegenüber dem Kirchenschiff erhöht und durch ein Marmorgitter abgetrennt, von dem ein Teil bis heute überdauert hat. Diese Elemente belegen die liturgische und symbolische Bedeutung des Presbyteriums, das sich sichtbar vom Bereich der Gläubigen abhob.
Wie viele andere Kirchen im Habsburgerreich fiel auch St. Benedikt den kirchlichen Reformen Josefs II. zum Opfer. Im 18. Jahrhundert wurde sie entweiht, in ein Lagerhaus umgewandelt und für Jahrzehnte vergessen.
Erst im 20. Jahrhundert erkannte man ihren außerordentlichen kunst- und kulturhistorischen Wert wieder. Dank Denkmalpflege und Restaurierung ist die Kirche heute wieder ein Ort der Besichtigung, Besinnung und Bewunderung – wenn auch nicht mehr für den liturgischen Gebrauch bestimmt.
Ein Ort, an dem Geschichte spricht
Wer die Kirche St. Benedikt in Mals besucht, begibt sich auf eine wahre Zeitreise – zu einem der wenigen Orte, an denen karolingische Kunst noch in eindrucksvoller Weise erfahrbar ist. Hier verbinden sich Architektur, Spiritualität, Macht und kollektive Erinnerung – in einer Stille, die viel zu sagen hat, für jene, die bereit sind, ihr zu lauschen.