San Prokulus in Naturno: 1.500 Jahre Geschichte vor deinen Augen
Im Herzen von Naturns, unweit des Naturparks Texelgruppe, verbirgt sich ein Ort voller Erinnerung, Kunst und Spiritualität: die Kirche San Prokulus mit ihrem unterirdischen Museum. Dieses alte Gotteshaus, eines der ältesten in Südtirol, ist ein echter Schatz mittelalterlicher Kunst. Das Museum daneben begleitet Besucher durch fünfzehn Jahrhunderte Lokal- und Europageschichte.
Die Kirche San Prokulus: Ein Kleinod des Frühchristentums

Erbaut zwischen 630 und 650 n. Chr., ist San Prokulus eine der besterhaltenen frühmittelalterlichen Kirchen der gesamten Alpenregion. Ihre Wandmalereien, darunter das berühmte Fresko eines kopfüber reitenden Ritters, zählen zu den ältesten und faszinierendsten christlichen Bildzeugnissen im Tiroler Raum.
Ein scheinbar schlichtes Gebäude, doch erfüllt von heiliger Symbolik und tiefer Spiritualität, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Archäologische Ausgrabungen und Geheimnisse unter der Kirche
Zwischen 1985 und 1986 wurden Überreste des ursprünglichen Bauwerks und ein friedhof der Pestopfer aus dem 17. Jahrhundert freigelegt. Überrascht stellte man fest, dass die Kirche auf den Fundamenten einer privaten Römervilla errichtet wurde, die um das Jahr 600 verbrannt war – einschließlich eines verbrannten menschlichen Skeletts.
Veränderungen im Lauf der Jahrhunderte
Frühmittelalter (10.–11. Jahrhundert)
In dieser Epoche wurde das ursprüngliche Apsisdecken mit einer trapezförmigen Chorstruktur und einem Triumphbogen ersetzt. Aus dieser Zeit stammt auch der berühmte Zyklus rätselhafter Fresken, der heute zu den bedeutendsten frühmittelalterlichen Bildformen zählt.
Spätmittelalter (12.–14. Jahrhundert)
Turm und Tonnengewölbe wurden errichtet. Man verlagerte den Haupteingang und die Kirche wurde Eigentum der Herrn von Annenberg, die sie zu ihrer Grabeskirche ausbauen ließen und gotische Fresken beauftragten – besonders eindrucksvoll ist die Kreuzigung im Chor.
Pestzeit (17. Jahrhundert)
1636 führte eine Pestepidemie in Naturns zum Tod eines Viertels der Bevölkerung. Aufgrund ihrer einsamen Lage diente San Prokulus als Begräbnisort für Pestopfer – ein Zeichen gemeinsamer Trauer und Hoffnung.
Das Museum San Prokulus
Seit seiner Eröffnung im Jahr 2006 lädt das moderne unterirdische Museum vor der Kirche zu einer beeindruckenden Reise durch 15 Jahrhunderte Geschichte ein, vom Spätantiken über das Mittelalter bis zum 17. Jahrhundert. Multimediale Technik und Originalfunde veranschaulichen Entwicklung, religiösen Alltag und die dunklen Momente der Pest.
Ein Ort, der Herz und Seele berührt
Ein Besuch in San Prokulus bedeutet mehr als alte Fresken zu betrachten oder Regionalgeschichte zu studieren: Es ist die Begegnung mit der inneren Seele eines Volkes, das in Jahrhunderten Glaube, Tragödien und Kunstspuren in Südtirol hinterließ.
Eine intensive, emotionale und überraschende Erfahrung, ideal für Liebhaber von Kunst, Geschichte und Spiritualität – und für alle, die das authentische, verborgene Südtirol kennenlernen möchten.